Zum Schlaf Nachholen bleiben wir noch in den Bergen und entspannen muss man ja auch mal. Weiter geht es über eine Schnellstraße nach Fagarasch. Das ist aber weniger entspannend, denn die rumänischen Kamikazefahrer wollen es manchmal schon genau wissen. Klar, wir sind mit einer Reisegeschwindigkeit von maximal 70 Km/h nicht die schnellsten, ich finde, die jungen Burschen überschätzen ihre Autos! In den langgezogenen Straßendörfern haben wir einen guten Einblick in die Höfe. Manche ganz ordentlich , teils mit Rasen, teils mit intensivem Gemüseanbau, aber oft schaut es auch aus wie auf der Müllhalde. In manchen Dörfern sind die Roma recht stark vertreten, das merkt man zum einen daran, dass wir viele Frauen mit langen, bunten Röcken, schwarzen Haaren und Kopftüchern und immer sehr selbstsicher mit ihren Kindern auf den Straßen sehen und leider auch an den ärmlichen, zusammengeschusterten Buden mit viel Abfall darum herum an den Dorfrändern. Die Festung in Fagarasch ist geschlossen, so genießen wir die Sonne auf einer Parkbank, bevor wir weiter nach Sinca Veche fahren, wo es zum einen ein Höhlenkloster zu besichtigen gibt und zum anderen einen tollen Übernachtungsplatz oberhalb auf einem Hügel. Rund um das Kloster ist alles frisch geharkt und gekehrt. Über das Entstehungsdatum wird noch gefeilscht, aber die Mehrheit denkt so im 18. Jh. Außer uns schauen sich noch ein paar ganz Gläubige die zwei, drei Kammern im Berg an, dazu eine heilige Quelle und am Schluss noch das Nonnenkloster oberhalb der Kirche. Ganz toll ist aber, der riesige, rote Mond bei unserem Platz!
Momentan haben wir nicht so viel Glück mit Kirchenburgen, denn die in Raşnov (Rosenau) wird leider gerade restauriert. Also einmal außen rum und dann hinab in die Neustadt, wo wir nach einigem Hin und Her endlich ein geöffnetes Café finden um uns bei einem heißen Getränk etwas aufzuwärmen.
Und weil sie gerade auf dem Weg liegt und auch die geplante Wanderung eine einzige Schlammschlacht geworden wäre, haben wir uns die Valea Cetatae angeschaut. Eine Höhle mit einem riesigen Saal, etwas windigen Stalaktiten und sonst eigentlich nichts besonderem. Gott sei Dank gibt es auf dem Parkplatz bei Rosenau einen Wasserhahn hinter den Toiletten zum Schuhe waschen und auch zum Wasser auffüllen. Über eine schöne Bergstraße, hmm eigentlich für über 3,5 to gesperrt, tuckern wir am Nachmittag noch zum Skiort Poiana Braşov, aber da ja noch kein Schnee liegt, gleich weiter steil hinab nach Braşov. Auch dort unerlaubterweise quer durch bis nach Timişu de Jos auf einen diesmal nicht ganz so schönen Stellplatz, dafür praktisch.
Hurra! Blauer Himmel und Sonne, das passt für eine Wanderung. Anfangs geht es flach, später steiler durch schöne Buchenwälder mit viel Laub auf dem Weg, bis wir am Beginn des 7-Treppen-Canyons stehen. Dort kann man für ein paar Lei über sieben Leitern durch die Schlucht gehen. Nur heute leider nicht, denn in der Nachsaison nur am Wochenende und heute ist Donnerstag, grrr. Die Gittertür bei der ersten Leiter ist mit zwei Schlössern zugesperrt. Wir finden dann einen anderen Weg, der dann sehr steil zu einem Aussichtspunkt führt. Von hier haben wir ein super Blick auf die Berge rund um Braşov und warm ist es in der Sonne auch noch. Was will man mehr? Wolfgang lässt dann mit zittrigen Knien die Drohne über die Schlucht steigen und hofft, dass sie auch wieder zurück kommt. Aber hat alles geklappt! Auf der anderen Seite laufen wir ebenso steil wieder hinunter und sind dann froh, als wir mit rauchenden Socken endlich den LKW erreichen.
Aufregend ist danach wieder die Fahrt nach Braşov (Kronstadt) rein zu einem Waschsalon. Viele Kreisverkehre, alle paar Meter ein Zebrastreifen, diese Mist Speedbumps und dann auch zum Teil fünfspurige Straßen. Meine Nerven! Aber alles geht gut, die Wäsche sauber und trocken, ein nettes Gespräch mit dem Wäschereibetreiber noch obendrauf und dann zum dritten Mal durch Kronstadt durch wegen eines Schlafplatzes südlich des Hausbergs Tampa.
Wir können es nicht lassen: es geht schon wieder durch die Stadt, denn wir wollen sie uns ja auch noch anschauen. Durch die historische Altstadt mit ihren schönen, restaurierten Bürgerhäusern gelangen wir zum Rathausplatz, wo gerade ein kleiner Markt mit regionalen Produkten stattfindet. Wolfgang kauft gleich ein paar Wildwürste, aber vor allem findet er ein Schild in der Auslage sehr interessant! Ich schau mir die Schwarze Kirche an, die größte Hallenkirche zwischen Wien und Istanbul und sie beherbergt eine kostbare Sammlung von alten Orientteppichen.
Die Synagoge hat, man ahnt es schon, geschlossen. Wenigstens ist die schmalste Gasse Europas, die Schnurgasse, offen. Zwischendurch stärken wir uns mit deftiger Bohnen- und Kuttelsuppe, also für den der es mag. Im Nieselregen erkunden wir noch die Gassen und Plätze der Altstadt, bevor wir nun definitiv zum letzten Mal durch Braşov brausen und über einen Pass im Dunkeln auf einem arg schiefen Klosterparkplatz in Buneşti ankommen.
Wir werden von Glockengebimmel geweckt und sind erstaunt, dass sich schon zeitig am Morgen der Parkplatz füllt. Allerdings ist es noch grausig kalt, wir sind immerhin auf 900 m, und nach einem gemütlichen Frühstück hat sich auch der Nebel verzogen und wir werden mit einem fantastischen Blick auf die schroffen Berge hinter dem Kloster belohnt. Nur der riesige Kran stört ein bisschen... Wir laufen mit den vielen anderen Besuchern durch die Anlage, besuchen kurz den orthodoxen Gottesdienst, der aber auch über Lautsprecher nach außen übertragen wird, halten uns beim Ikonenküssen dezent zurück, werfen noch mal einen Blick auf die tollen Berge, bevor wir unseren Hiasl die steile Bergstraße mit ihren engen Kehren hinunter dirigieren und dann gemächlich die 130 Kilometer bis kurz vor Bukarest fahren.
Dort besuchen wir für ein paar Tage Freunde von uns und machen am nächsten Tag zusammen einen Ausflug nach Slânic in die Salzmine. Ist schon auch mal wieder angenehm mit einem PKW zu fahren und nicht in jeder Schlange ganz vorne zu sein. Mit Kleinbussen wird man über 200 m tief in den Berg reingefahren. Mir wird total schlecht , als es da in einer ewigen Spirale runtergeht und ich bin heilfroh, als wir endlich angekommen sind. In der Salzmine wurde bis 1970 Salz abgebaut und seit ca. 40 Jahren ist sie für Besucher freigegeben. Früher ging es mit einem Aufzug runter, aber Ana meint, dass es da mal ein Unglück gab, deshalb die Busse. Die Säle unten sind riesig mit Minigolf, Billard, Spielplätzen, bisschen Gastro, Liegen zum Ruhen und für Atemtherapie und vieles mehr. Das Beeindruckendste aber ist die interessante Maserung des Salzgesteins, mal gerade, mal in Wellen, von fast weiß, über grau bis anthrazit. Mir graut schon vor der Auffahrt, aber diesmal geht es gut! Peter deckt sich oben an den Verkaufsständen noch mit Salzen in verschiedenen Körnungen ein und dann geht es ab nach Hause. Äh, vorher noch in so einer riesigen Mall vorbeigeschaut, von der ich wahrscheinlich noch jahrelang träumen werde im bayrischen Wald oder sonstwo in Deutschland.
Mit dem LKW machen wir einen Ausflug zu den Schlammvulkanen bei Berca, im Bezirk Buzau. Je weiter wir uns von Bukarest entfernen, desto schlechter werden die Straßen. Im Teer sind tiefe Fahrrillen von den schweren LKWs, zigmal ausgebesserte Kanaldeckel und ansonsten genügend tiefe Schlaglöcher. Wozu man da noch zusätzlich Speedbumps braucht, ist uns schleierhaft. Über all an den Straßenrändern werden Kartoffeln, Zwiebeln, Äpfel und massenweise Krautköpfe zum Verkauf angeboten. Ein alter Ziehbrunnen am Weg wird von Wolfgang gleich auf seine Funktionstüchtigkeit ausprobiert, alles tadellos. Als wir auf dem Parkplatz ankommen, ist es gerade noch eine Stunde hell, so dass wir zwischen den gerade mal zwei Meter hohen Schlammvulkanen rumlaufen können ohne gleich in den großen Matsch zu geraten. Es ist eine richtig tolle Gegend hier, die Minivulkane blubbern so alle 30 Sekunden so vor sich hin und sie stinken eher nach Lehm und Gott sei Dank nicht nach Schwefel. Die Sonne geht langsam hinter den umgebenden Hügel unter und die Stimmung ist super! Doch dann wird es gleich eiskalt und wir verziehen uns ins Auto. Am nächsten Tag wandern wir zu den „kleinen Schlammvulkanen“ durch gelb-bräunliche Hügel. Das Gelände kommt uns größer als die ersten und die Schlammfelder haben auch einen größeren Durchmesser. Das hervorgestoßene Lehm-Salz-Wasser-Gemisch fließt ganz gemächlich abwärts und erstarrt oft schon nach wenigen Metern. Nach den Vulkanen hoppeln wir wieder nach Bukarest zurück und beschließen unseren Besuch in einem moldawischen Restaurant.
Unsere Reise geht Richtung Schwarzes Meer weiter, doch zuerst wird sie durch einen Megastau auf der Umgehungsstraße von Bukarest gestoppt. Dadurch kommen wir mit Einkaufsstopp etwas in Zeitnot und fahren kurz vor der Mautbrücke in Feteşti in völliger Dunkelheit zum Donauufer. Auf einer Wiese bleiben wir für die Nacht stehen und merken dann erst am nächsten Morgen, dass wir mitten von Schafen auf ihrer Weide stehen. Wir bezahlen online die Brückenmaut und fahren noch zum Autowaschen und wir sind uns einig, dass der LKW noch nie so sauber war! Durch sehr flache, eintönige Landschaft geht es nach Constanţa mit dem größten Containerhafen am schwarzen Meer. Wie immer chaotischer Verkehr, aber dafür haben wir dann mitten in der Altstadt einen kostenlosen Parkplatz zum Übernachten. Am Ovid-Platz gedenkt die Stadt dem römischen Dichter, der vor 2000 Jahren hierher in die Verbannung geschickt wurde. Uns sticht natürlich gleich die große Moschee ins Auge, wo man vom Minarett oben einen guten Blick über die Stadt hat. Es ist hier wie überall in Rumänien, alte verfallene Bürgerhäuser stehen neben schön restaurierten und gesichtslosen Betonbunkern. Mal ist es sauber, mal strotzt es nur so von Müll. Das Bewusstsein für das Müllsammeln ist noch nicht bei allen Rumänen angekommen. Am Abend und am nächsten Morgen machen wir es wie die Einheimischen: wir flanieren auf der Meerespromenade entlang. Den kleinen Genueser Leuchtturm haben wir seinen acht Metern fast übersehen!
Zum Erholen nach so vielen Gesehenen machen wir südlich von Eforie etwas oberhalb von einem Sandstrand eine kleine Reisepause. Lange Strandspaziergänge, Muscheln sammeln, lesen, einen Plausch mit drei Polizisten, die sich für den LKW interessieren und dem Beobachten eines Baggerschiffes sind die einzigen Tätigkeiten hier.
Das Wetter ist so lala und recht windig, also beschließen wir heute noch weiterzufahren. Rumänien hat uns begeistert, die fantastische Landschaft, seine freundlichen Menschen, das tolle Angebot an Lebensmittel und die noch erschwinglichen Preise in der Gastronomie, auch für die meisten der Einheimischen. Ein kleines Manko gibt es aber doch: Die Autofahrer in der Stadt sind unberechenbar.
Am Vormittag schlagen wir uns noch etwas mit der bulgarischen Maut-App rum, denn > 3,5 to darf man nun jeden Tag für die gewünschte Fahrstrecke einen kleinen einstelligen Euro-Betrag bezahlen. D. h. wir müssen nun schon sehr genau wissen, wo wir übernachten wollen, was ja nicht ganz so unserem Reiseverhalten entspricht. Sehr nervig! Also heute bis Balzik, ein Badeort an der bulgarischen Küste. An der Promenade reihen sich größere und kleinere Hotels und Appartementhäuser, recht modern, ansprechend und sauber. Fast alle Bars und Restaurants sind schon im Winterschlaf. Wir spazieren an der Promenade bis zu einem ehemaligen Schlösschen der Königin Marie. Da der dazugehörige botanische Garten um die Jahreszeit nichts mehr hergibt, sparen wir uns den recht teuren Eintritt und schauen uns lieber die erstaunlich hohen Wellen und den spektakulären Wolkenhimmel an.
Ich unterhalte mich mit einem älteren Ukrainer aus der Nähe von Cherson. Er spricht russisch, ein paar Brocken english und zwei deutsche Sätze: ich bin krank und Chände choch. Ich habe nicht herausbekommen, ob er schon länger hier lebt oder erst kürzlich geflüchtet ist.
Unsere zweite und auch letzte Station in Bulgarien ist Nessebar, mit einer Weltkulturerbealtstadt auf einer kleinen Halbinsel. Mit Kopfsteinen gepflasterte, enge Gassen., alte Häuser im türkischen Stil mit vorkragenden erstem Stock und mehrere Ruinen byzantinischer Kirchen aus dem 5. /6. Jh.. alles wunderbar und sehr malerisch, doch leider ist nicht nur Nebensaison, nein es ist gar keine Saison! Alles ist dicht! Ist ja schön, dass wir uns nicht mit vielen anderen Touristen durch die Gassen winden müssen, aber so ist hier eher Geisterstadtathmosphäre. Zudem regnet ist und das ordentlich. Als unsere Hosen durchweicht sind, treten wir den Rückzug an, buchen unsere letzte bulgarische Maut und fahren über eine einsame Landstraße bis einen Kilometer vor der türkischen Grenze. Dort gibt es einen Parkplatz gegenüber einer Tankstelle mit sehr gutem Wlan!
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Barni (Mittwoch, 23 November 2022 18:47)
Schöner Bericht mit vielen ganz ähnlichen erlebten Geschichten von uns ��� wir sind gespannt auf die Türkei�
Rita (Samstag, 26 November 2022 18:08)
Tolle Bilder, die deutlich mehr Wirkung zeigen mit der neuen Ansicht, im Vergleich zur früheren Darstellung. Und ja, Rumänien haben wir mit vielen Déjà-Vues in schöner Erinnerung - ausser den Kamikazienfahrern!!!! Gute Reise weiterhin euch beiden und liebe Grüsse aus Griechenland.