Schon lange vor der georgischen Grenze stauen sich Lkws am Straßenrand mit Kennzeichen aus der Türkei, aus Georgien, Armenien, Aserbaidschan, Russland, Usbekistan und einer aus Lettland.Die Berge reichen hier bis ans Meer, so dass wir durch viele , aber kurze Tunnel durch müssen. Unbeschreiblich sind die Lücken zwischen den Tunnel, dort liegt soviel Müll, dass man den Boden nicht sieht. Also da war alles harmlos, was wir bisher in der Türkei gesehen haben. An der Grenze werden wir getrennt, die Passagiere müssen zu Fuß rüber. Ich stehe in einer langen Schlange von Georgiern an dem Ausreiseschalter an. Sie rücken mir sehr dicht, zu dicht für meinen Geschmack, auf die Pelle, stellen mir die voluminösen Einkaufstaschen zwischen die Beine und versuchen sich vorzudrängen, wo es nur geht. Aber ich habe spitze Ellenbögen! Auf georgischer Seite ist es etwas entspannter und da ich außer meinem Pass nichts dabei habe, bin ich auch gleich beim Zoll durch. Leider muss ich draußen ewig auf Wolfgang warten, bis auch der letzte Beamte den Hiasl besichtigt hat. Doch dann können wir endlich die 20 Kilometer bis nach Batumi unter die Räder nehmen. Nach ein bisschen Rumgestöpsel im chaotischen Verkehr parken wir gleich bei der Altstadt neben dem Riesenrad. Hätten wir uns ja denken können, dass Jan und Franzi auch hier stehen! Wir machen uns gleich in die Stadt auf, besorgen bei einer der zahlreichen Wechselstuben noch Lari und gleich noch eine SIM-Karte. Ziellos laufen wir durch die engen Gassen mit vielen Geschäften, Cafés, Bars und Restaurants. Doch allmählich bekommen wir Hunger und gehen in ein georgisches Lokal , wo es nach langer Zeit mal wieder Schwein und einen sehr leckeren Wein gab. Beim Nachhauseweg kommen wir noch am Münchner Hofbräuhaus vorbei, schauen uns am Hafen die Skulpturen von Ali und Nino an, den Alphabetenturm und die Hochhäuser, alles wunderschön beleuchtet! Keine Spur von Energiekrise. Müde!
Heute noch mal Batumi bei Tag. Auf der Strandpromenade, die von Bambus, Palmen und anderen exotischen Pflanzen gesäumt ist, laufen wir bis zum Marriott-Hochhaus, setzen uns auf eine Bank in der Sonne in einer der vielen Parks, beobachten die Leute und schlendern nochmals durch die Altstadt. Dort kaufen wir bei einem der kleinen georgischen Bäckereien ein langgezogenes Fladenbrot, das frisch aus dem „Tone“ kommt, ein großer, amphorenähnlicher Lehmofen, an dessen Innenwänden der Teig hingeklebt wird und das fertige Brot dann mit einem Holzstecken rausgeholt wird. Sehr knusprig und lecker! Am Maidan, dem Hauptplatz, steht die Medea-Staue mit dem goldenen Vlies, aber uns gefällt die astronomische Uhr am Turm der Nationalbank noch viel besser. Ein Riesenchristbaum steht auch noch und zahlreiche, kleine Fahrgeschäfte zieht die Kinder mit spendierwilligen Eltern an. Eigentlich sind wir schon wieder hungrig und die Füße tun uns vom vielen Asphalt weh, aber die Stadt gefällt uns so gut, dass wir nach kurzer Kaffeepause weitermachen. Orthodoxe Kirchen, kleine Lebensmittelläden, Elektronikgeschäfte usw. alles muss angeschaut werden und zu guter Letzt noch der eher übersichtliche Hafen und die Ali und Nino Skulptur, die die komplizierte Liebesgeschichte von der christlichen Nino und dem muslimischen Ali darstellt.
Wir brauchen wieder etwas Erholung und fahren dazu an einem Strand nördlich von Kobuleti. Dort kaufen wir noch zwei „kleine“ Koteletts beim Metzger, so um die 1,8 Kilo. Aber kleiner war das Schwein halt nicht. Am Strand sammeln wir erst mal Holz, denn da müssen wir heute Abend grillen. Ansonsten passiert heute nichts, auch die versprochenen Delphine brauchen wir nicht ansehen, das es keine gibt.
Es geht weiter in den Osten durch die Tiefebene des Rioni-Flusses. Die Dörfer sind meist recht langgezogen, mit einfachen Häusern in Einheitsarchitektur. Das Erdgeschoss ist oft offen oder dient als Lager oder Stall. Eine Außentreppe führt über einen Balkon in den ersten Stock, der als Wohnraum dient. In den Gärten sind zahlreiche Obstbäume mit Zitrusfrüchten, Äpfel, Kaki, Bananenstauden und Gemüsebeete, die jetzt natürlich alle umgegraben sind. Sehr interessant sind die überirdisch verlaufenden Gasleitungen, bei jeder Abzweigung ein Zähler und so 2 bis 2,5 Meter über die Toreinfahrten verlegt. Also Augen auf beim Autokauf! Am frühen Nachmittag erreichen wir unser Ziel, die „sulphur pools“. Im Sommer muss hier die Hölle los sein, aber heute parken nur drei Pkws aus Russland und Polen, deren Insassen auch die beiden Becken in Beschlag genommen haben. Aber irgendwann haben sie alle Sekt- und Bierflaschen geleert und sie fahren brav nach Hause und wir haben die Pools ganz für uns allein. Bei angenehmer Badewannentemperatur von ca. 40° vergisst man schnell die 4° beim Umziehen und ebenso den Schwefelgeruch. Ah, es tut gut mal wieder ausgestreckt in einem warmen Wasser zu liegen!
Obwohl wir immer noch fast auf Meereshöhe sind, sind die Nächte jetzt schon ziemlich kalt, aber tagsüber scheint immer die Sonne. Südlich von uns sehen wir tief verschneite Berge, sanft geneigt, da könnte man tolle Skitouren machen. Doch a) haben wir unsere Ausrüstung nicht mit und b) auch den Rückflug in ein paar Tagen. Als wir auf die Schnellstraße treffen, glauben wir zuerst noch, dass wir hier schneller vorankommen als auf der recht kurvigen Landstraße. Doch weit gefehlt. Sehr viel Lkw-Verkehr, marode Straße und eine Riesenbaustelle, denn die Schnellstraße wird zur Autobahn umgebaut und das mit sehr vielen Brücken und Tunnel! Wir sauen den LKW mal wieder so richtig ein, grr. Kurz vor Borjomi biegen wir recht auf einen Feldweg ab und finden nach einem Dorf ein verlassenes Haus, wo wir den Hiasl für die Nacht abstellen und noch einen kurzen Spaziergang über teils matschige, teils verschneite Wege zum Fluss runter machen.
In Borjomi gibt es eine Heilwasserquelle und sonst nix! Die Stadt ist also gleich abgehakt und wir gehen hinauf zu der Schlucht mit der Quelle. Das ist eher ein Kurpark mit Eintritt, wie immer mit viel Kinderbespaßung, geschlossenen Kiosken, einen sehr schönen, fast zugefrorenen Fluss, und einen spektakulären Wasserfall. In der Schlucht ist es noch kälter als sowieso schon, aber die Sonne scheint und wir halten es dann doch für eine kleine Wanderung aus. Bei einem Stand in der Stadt kaufen wir uns noch zwei Tschurtschchela, Walnüsse, getrocknete Früchte oder Haselnüsse, die mit Traubensaftsirup überzogen sind. Das gab's auch unter anderem Namen in der Türkei und schmeckt uns sehr gut.
Über die ab hier fertige Autobahn fahren wir noch nach Gori. Als wir durch die Vororte kommen, bin ich etwas geschockt. Man kann sich kaum vorstellen, dass in den grauen, völlig verwahrlosten Mietskasernen jemand wohnt, es sieht aus, als ob hier Bomben eingeschlagen haben. Und doch hängt Wäsche an Leinen vor den Fenstern und es riecht extrem nach Kohleheizungen. Es ist fast schon dunkel und die Menschen hasten durch die grauen Straßen und kaufen noch schnell in winzigen Läden ein, bevor sie in den baufälligen Häusern verschwinden. Ist es hier überall so? Nur alles paletti in den großen Touristenorten?
Gori ist der Geburtsort von Stalin und klar, auch wir laufen durch die Stadt vorbei an vielen Handyläden, Schuh- und Kleidergeschäften - teils mit Gebrauchtwaren – und diversen Fast Food Angeboten zum Stalinmuseum. In einem pompösen Gebäude untergebracht, davor steht sein recht einfaches Geburtshaus und ein gepanzerten Eisenbahnwaggon. Da in dem Museum eine mit nichts zu rechtfertigende Verherrlichung des Diktators stattfindet, verzichten wir auf einen Besuch und legen die 5 Euro Eintritt lieber in leckeren Kuchen an. In der kleinen, aber schön restaurierten Altstadt mit niedrigen Backsteinhäuser, in denen allerlei Läden untergebracht sind, treffen wir auch auf eine orthodoxe Kirche, wo gerade ein Gottesdienst stattfindet. Eine Frau bringt mir noch einen Schal und dann hören wir uns ein paar Minuten Gebete an, schauen uns die Wandmalereien und die Ikonen an, bevor wir uns wieder ins Freie verdrücken.
Es ist nicht mehr weit nach Tiflis, aber wegen des ca. 10 km langen Staus mit chaotischen Autofahrern und rücksichtslosen Dränglern, dauert es doch länger bis wir endlich den angepeilten Platz oben an der Sameba Kathedrale erreichen. Bis auf ein kleines russisches Wohnmobil und ein Riesenschiff aus Dubai ist hier nichts los. Da unsere Mägen knurren suchen wir uns ein Lokal, wo wir viel zu viel bestellen: einen riesigen Vorspeisenteller, ein Chatschapuri (überbackenes Käsebrot mit Ei), acht Khinkali (mit Hackfleisch gefüllte Teigtaschen in Tennisballgröße) und Wolfgang will unbedingt auch noch Pommes! Der Verdauungsspaziergang fällt dann leider zu kurz aus, wir sind nämlich nur noch schnell in die Kathedrale gegangen. Hier laufen schon die Vorbereitungen für das morgige Fest der Taufe Jesu! Mit TV-Gedöns, Übertragungswagen, roten Teppich und dem ganzen Brimborium. Die Hardcore-Gläubigen unternehmen alles um auch wirklich jede Ikone abzuküssen und teils auch den Boden! Bevor wir auch noch so heilig werden, ziehen wir uns lieber in den LKW zurück und genehmigen uns noch Bier und Wein.
Heute ist Stadtbesichtigung angesagt. Wir laufen runter zum Fluss, durch den Street Art Tunnel zur Friedensbrücke, recht kühn geschwungen, gehen durch den Rike-Park und beschließen mit der Gondel hinauf zur „Mutter Georgien“ zu fahren. Dort haben wir alle Hände voll zu tun die Touristenguides abzuwimmeln, schauen uns Tiflis von oben an, auch den botanischen Garten und sind uns einig, dass wir den wahrscheinlich auch im Sommer nicht besuchen werden. Trotz des diesigen Wetters ist es schön hier oben! In der Altstadt sind wieder alte Backsteinhäuser zu bewundern, neuere Häuser mit großzügigen Holzbalkonen im italienischen Stil wie uns ein Mann erklärte, den Marionetten-Uhrturm u.v.m. Spannend ist auch das öffentliche WC, sowohl was den Duft als auch die Ausstattung anbelangt und ich bin sozusagen doppelt erleichtert, als ich wieder draußen bin! Puh, uns tun die Füße weh und wir leisten uns in einem kleinen, modernen Café einen Cappuccino und bald darauf können wir auch einem Glühwein nicht widerstehen. Schließlich konnten wir im Dezember ja auch keinen Christkindlmarkt besuchen.
Heute ist es seit langer Zeit bedeckt und alles grau in grau. Wir dirigieren den LKW aus der Stadt raus und fahren durch die nebelige Landschaft nach Sadakhlo an die armenische Grenze. Wie beim letzten Mal werden wir wieder getrennt. Alles läuft korrekt ab und wir werden von den Grenzbeamten in Armenien willkommen geheißen. Für 25 Euro bekommen wir beim Zoll eine temporäre Einfuhrbewilligung für den LKW für ein Jahr. Dann schließen wir noch für 10 Tage eine Autoversicherung ab. Leider hat es nicht geklappt diese online abzuschließen, das wäre etwas billiger gewesen, aber wir werden auch so nicht verarmen. In der nächsten größeren Stadt, in Alaverdi, besorgen wir noch Geld und SIM-Karte, checken schon mal die Einkaufsmöglichkeiten bevor wir hinauf nach Haghpat auf ca. 1000m fahren und dort den Überwinterungsplatz für den Hiasl erreichen. Beim Kanchaqar-Camping wartet schon Martun auf uns, mit dem wir schon vor Wochen den Deal ausgehandelt haben. Super, dass es so gut klappt! Nun haben wir noch einen Tag Zeit um unsere Tasche zu packen und den LKW schon mal vorzubereiten. Zwischendurch laufen wir in die Ortschaft hinauf und besichtigen das Kloster aus dem 10. Jh. Es ist alles offen, etwas duster und wenig geschmückt. Leider sind nirgendwo Tafeln o. ä. so dass wir nicht genau wissen, in welchem Gebäude, bis auf die Kirche, wir uns gerade befinden. Einmal überlegen wir uns den Sinn von mehreren Löchern im Boden, bis wir erkennen, dass es eingemauerte Amphoren sind, wohl zur Weinherstellung. Der Glockenturm ist gesperrt, kalt ist es außerdem, so dass wir bald zum LKW zurückkehren und uns die Besichtigung für das Frühjahr aufheben.
Um zwölf Uhr holt uns ein Taxi ab, nachdem wir zuvor noch das restliche Wasser abgelassen haben und die Leitungen ausgeblasen haben. Sasun bringt uns in manchmal etwas halsbrecherischer Fahrt über die armenisch-georgische Grenze und weiter nach Tiflis zum Busbahnhof. Dort brauchen wir nun etwas zum Essen und lassen es uns noch mal in einem Restaurant gut gehen. Anschließend fahren wir mit den öffentlichen Bussen zum Flughafen. Dort haben wir nun sehr viel Zeit, bis dann endlich um halb sieben am nächsten Morgen unser Flugzeug mit 40 Minuten Verspätung startet. Aber mit viel Rückenwind erreichen wir München fix und fertig wegen Schlafmangel pünktlich und nach viereinhalb Stunden mit der Deutschen Bahn sind wir endlich zu Hause in Hohenwarth angekommen! Es ist schön wieder daheim zu sein, auch mit den vielen Annehmlichkeiten, aber wir freuen uns jetzt schon, wenn es am 19. April wieder zurück geht!
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hans-peter Mönckert (Mittwoch, 08 Februar 2023 20:56)
es ist immer wieder schön einen so tollen Reisebericht von euch zu lesen.
Reinhard Gänsdorfer (Donnerstag, 09 Februar 2023 20:45)
Ja ich finds auch sehr interessant da man dort ja nie hinkommen würde